Ein so großes Reich wie das Imperium Romanum mit freiem Handel und offenen Binnengrenzen förderte die allgemeine Mobilität in einem Maße, wie wir sie erst in der jüngeren Neuzeit wieder erreicht haben. Jedermann konnte die Reichsstraßen benutzen: Nach dem Militär und den Staatsbeamten auch Geschäftsleute, Pilger, Handwerker und Bauern, Vagabunden, Einheimische und Fremde, alle bevölkerten die Landstraßen, zu Fuß oder hoch zu Ross. Lastkarren und Tankwagen wurden von Ochsen gezogen, schneller ging der Personentransport mit Einachsern oder gar mit gepolsterten und gefederten Reisewagen, nur Fahrräder gab es noch nicht.
Am meisten profitiert von dem verzweigten Straßennetz hat die von Augustus eingerichtete Reichspost (cursus publicus). Sie stand allerdings mit Erlaubnisscheinen nur Staatsbediensteten zur Verfügung. Noch im 6. Jahrhundert n. Chr. hebt der Geschichtsschreiber Prokop die Vorteile dieses staatlich organisierten Kurier- und Transportwesens hervor: "Die früheren römischen Kaiser hatten dafür gesorgt, dass ihnen alles auf schnellstem Wege gemeldet und unverzüglich durchgegeben werde: feindliche Unternehmungen in jedem land, Empörungen in den Städten oder sonstige unvorhergesehene Zwischenfälle, das Wirken der Statthalter und all der Persönlichkeiten im römischen Reich. Damit ferner die Ablieferung der jährlichen Abgaben ohne Verzug geschehen sollte, schufen sie nach allen Seiten hin einen staatlichen Eilpostdienst. Es geschah auf folgende Weise: Für einen rüstigen Wanderer im Abstand eines Tagesmarsches richteten sie Poststationen ein, mit acht oder weniger, nie aber unter fünf Bediensteten. In jeder Station standen gegen vierzig Pferde. Außerdem waren allenthalben Pferdeknechte in entsprechender Zahl angestellt. Durch häufigen Wechsel der - wohl gemerkt besten - Pferde konnten die Kuriere gegebenenfalls den Weg von zehn Tagen in einem einzigen zurücklegen und alles erledigen ".
So brauchte zum Beispiel der Meldereiter, der die Nachricht vom Tode des Kaisersohnes Drusus überbringen sollte, nur wenige Tage für die Strecke von Germanien nach Rom.
Leidtragende waren die Anrainer und die einheimische Bevölkerung: Sie waren verpflichtet, jederzeit für die kaiserlichen Kuriere Reit- und Zugpferde, Gespanne und Wägen, Unterkunft und Verpflegung für Mensch und Tier zu stellen und die Stationen in Ordnung zu halten. Diese schwere Belastung wurde nur gelegentlich gemildert, in dem der Kaiser oder der Fiskus die Kosten zeitweise übernahmen.
Den Privatreisenden standen an der Straße Gasthäuser und Unterkünfte unterschiedlicher Qualität zur Verfügung, von der einfachen Schenke bis zur noblen Herberge. Dabei musste man, wie Plinius beklagt, manchmal seine Unterkunft mit Läusen, Wanzen und Flöhen teilen. Auch die Kosten konnten sich im Laufe einer Reise ganz gehörig summieren: "Wo auch immer der Weg durchführt, muss man bald hier für Wasser, bald dort für Futter oder Herbergen oder verschiedene Durchgangszölle zahlen". In Pans Aeni am Inn zum Beispiel, am Übergang vom gallischen zum illyrischen Zollbezirk musste der fünfzigste Teil, in der Regel aber zweieinhalb Prozent Zoll gezahlt werden.
Wie so eine Rechnung für eine Übernachtung aussah, erzählt uns in lebendiger Art eine Inschrift aus Mittelitalien: "Herr Wirt, lass uns abrechnen" - " ein Sextarius (ca. ein halber Liter) Wein und Brot macht ein Ass, fürs Essen zwei Asse" - "ist gut so" - "das Mädchen, macht acht Asse" - "ist auch o.k." - "das Heu für das Maultier kostet zwei Asse" - "das Maultier wird noch einmal mein Ruin sein".
Für die Sicherheit auf den Straßen sorgten die so genannten Benefiziarier. Es waren meist abkommandierte Legionssoldaten, die von ihren Stationen aus wichtige Kreuzungen, Flussübergänge, Passstraßen und Provinz- grenzen überwachten. Sie gingen zwar gegen die verbreiteten Straßenräuber und Diebe vor, unterstützten andererseits aber auch die verhassten Steuer- und Zolleinnehmer.
Dr. Martin Pietsch