Straßenbau

Noch heute profitieren wir davon, dass die Römer als erste in Europa ein weit verzweigtes Kunststraßennetz aufgebaut haben. Es war allerdings Voraussetzung für die militärische Eroberung der Provinzen und die folgende Romanisierung der Länder. Darüber hinaus machte sie in weiten Teilen erst den politischen und militärischen Zusammenhalt des riesigen Imperium Romanum über Jahrhunderte hinweg möglich.

In den militärisch dominierten Grenzprovinzen wurde meistens das Militär zum Straßenbau herangezogen. Sonst wurde ein freier Unternehmer damit beauftragt, der Lohnarbeiter, Sklaven und Zwangsarbeiter beschäftigen konnte. Die Kosten teilten sich der Fiskus und die betroffene Bevölkerung in der Region, durch die die Straße führte. Bisweilen konnte auch der Kaiser mit Zuschüssen helfen.

Nach Möglichkeit sollten die Straßen "schnurgerade und ebenmäßig durch das Land gezogen" werden. In schwierigem Gelände scheuten die Römer sich nicht vor größeren Erdarbeiten und Kunstbauten, die zum Teil auch bei der Via Julia verwirklicht wurden.

Charakteristisch für eine römische Straße ist ein bekiester Damm, der sich über einem Fundament aus Bruchsteinen wölbt. Dabei wurden die Vorgaben des römischen Architekten Vitruv nach mehreren unterschiedlich gesetzten Lagen hier im Norden meist nicht eingehalten. Das Wasser konnte in zwei kleine Straßengräben abfließen, Gruben rechts und links des Straßendammes sind heute noch aus der Luft oder im Wald zu erkennen, die belegen, dass das Material für die Dammschüttung gleich am Ort entnommen wurde.

Für mindestens drei der sechs Flussüberquerungen sind Holz- oder gar Steinbrücken für eine trockene und ganzjährige Überfahrt nachgewiesen. Knüppeldämme, z.T. in mehreren Lagen, ermöglichten z.B. am Chiemsee eine Querung von Feuchtgebieten, die sonst umfahren werden müssten. In hohe, steile Flussufer trassierte man schräge Rampen zur sicheren Auf- und Abfahrt, in die man zusätzlich Gleise mit einer Spurbreite von 107 cm einschlug, um den Wagen Halt zu geben. Dort konnte die Straße auch schmaler als die üblichen 6 -7 Meter sein.
Über die römische Ingenieur- und Vermessungstechnik hinaus waren es aber besonders die Infrastrukturmaßnahmen, die die Organisation auch heute noch so modern erscheinen lassen: Straßen- und Pferdewechselstationen boten Übernachtungsmöglichkeiten und eine Art Straßenpolizei sorgte für die Sicherheit.
Entlang einer neuen oder auch renovierten Straße wurden mannshohe Meilensteine aufgestellt, die den Kaiser in voller Titulatur mit allen Bei- und Ehrennamen nannten. Als oberster Bauherr benutzte er das bis in den letzten Winkel des Reiches verzweigte Straßennetz zur
Darstellung seiner Macht und Fürsorge. Erst in den letzten Zeilen erscheint eine Meilenangabe, die die Entfernung von der letzten bedeuten- den Stadt aus angibt.
In Verbindung mit Straßenkarten, wie z.B. die Tabula Peutingeriana und Reisehandbüchern, die eine genaue Entfernungsangabe zwischen den einzelnen Stationen und Städten enthielten, ermöglichten sie dem Reisenden jederzeit eine genaue Orientierung.

Dr. Martin Pietsch